Unsere Geschichte

Badener, Schwaben und Pfälzer kehren in der Grünhütte ein

Längst mehr als ein Geheimtipp ist das hinter dem Wildseemoor auf Gemarkung Wildbad gelegene Waldgasthaus Grünhütte. Viele Murgtäler sind häufig dort Gast, andere zelebrieren geradezu eine jährliche Grünhüttenwanderung.

Verbunden mit dem Besuch ist allemal ab Kaltenbronn ein Anmarsch von fünf Kilometern zu Fuß, mit dem Mountainbike oder auf den Langlaufskiern.

Bunte, in den kniehohen Schnee gesteckte Skier säumen die Waldschenke. Drinnen herrscht Hochbetrieb und ein fröhliches Stimmengewirr füllt den engen, gut beheizten Gastraum. Auf den Tellern dampft das Sauerkraut und die Kleider, die zum Trocknen am flaschengrünen Kachelofen hängen, dampfen auch. Ab und zu verschafft sich der Wirt Zugang zum Ofen und legt einige Scheite nach. Familie Schraft betreibt die Waldgaststätte Grünhütte seit einem halben Jahrhundert in zweiter Generation. Hinter der Theke operieren zuvorkommend Jürgen Schraft und sein Team. Souverän und unbeeindruckt von dem Andrang, immer freundlich lächelnd, schenken sie aus, nehmen aus der Schlange, die sich vor dem Tresen gebildet hat, die Bestellungen entgegen und melden sie über die Schulter weiter in die kleine Küche. Dort werden die Hausspezialitäten zubereitet.

Gedrängt hocken Badener und Schwaben beieinander, und die Pfalzer sind nicht zu überhören. Vor allem aus dem Murg- und Enztal kommen die Gäste, viele aber auch aus dem Pforzheimer, Karlsruher und sogar Stuttgarter Raum.

Kultgetränk hier ist der süffige Heidelbeerwein, und mancher wird sich erst bei Einbruch der Nacht durchaus auf den Heimweg machen.
Wir sind Gast in der Grünhütte, die auf einer kleinen Lichtung im Wäldermeer des Nordschwarzwaldes zwischen Enz und Murg in 837 Metern Höhe liegt.

Eines verbindet die Gäste, ob Badener oder Schwaben - alle haben einen fünf Kilometer langen Anmarschweg von Kaltenbronn oder von Wildbads Sommerberg her hinter sich gebracht, denn einfach mit dem Auto zur Grünhütte fahren darf man, Gott sei Dank, nicht !!

Vom Hirtenhaus zur beliebten Waldgaststätte: Geschichte der „Grünhütte“

Badener, Schwaben und Pfälzer kehren in der Grünhütte ein

Längst mehr als ein Geheimtip ist das hinter dem Wildseemoor auf Gemarkung Wildbad gelegene Waldgasthaus Grünhütte. Viele Murgtäler sind häufig dort Gast, andere zelebrieren geradezu eine jährliche Grünhüttenwanderung. Verbunden mit dem Besuch ist allemal ab Kaltenbronn ein Anmarschweg von fünf Kilometern zu Fuß, mit dem Mountainbike oder auf den Langlaufschiern.

Bunte, in den kniehohen Schnee gesteckte Schier säumen die Waldschenke. Drinnen herrscht Hochbetrieb und ein fröhliches Stimmengewirr füllt den engen, gut geheizten Gastraum. Auf den Tellern dampft das Sauerkraut, und die Kleider, die zum Trocknen am flaschengrünen Kachelofen hängen, dampfen auch. Ab und zu verschafft sich der Wirt Zugang zum Ofen und legt einige Scheite nach.. Fritz Schraft (76) betreibt die Waldgaststätte seit 38 Jahren. Hinter der Theke operiert zuvorkommend sein Sohn, Jürgen Schraft (40). Souverän, unbeeindruckt von dem Andrang, immer freundlich lächelnd, schenkt er aus, nimmt aus der Schlange, die sich vor dem Tresen gebildet hat, die Bestellungen entgegen und meldet sie über die Schulter weiter in die kleine Küche. Dort werden die Hausspezialitäten zubereitet. Gedrängt hocken Badener und Schwaben beieinander, und die Pfälzer sind nicht zu überhören. Vor allem aus dem Murg- und Enztal kommen die Gäste, viele aber auch aus dem Pforzheimer, Karlsruher und sogar Stuttgarter Raum. Kultgetränk hier ist der süffige Heidelbeerwein, und mancher Wanderer wird sich erst bei Einbruch der Nacht durchaus vergnügt auf den langen Heimweg machen.

Wir sind Gast in der Grünhütte, die auf einer kleinen Lichtung im Wäldermeer des Nordschwarzwaldes zwischen Enz und Murg in 837 Metern Höhe liegt. Eines verbindet die Gäste, ob Badener oder Schwaben - alle haben einen fünf Kilometer langen Anmarschweg von Kaltenbronn oder von Wildbads Sommerberg her hinter sich gebracht, denn einfach mit dem Auto zur Grünhütte fahren darf man, Gott sei Dank, nicht!

Eine Viehhütte war die Keimzelle der Waldgaststätte, errichtet vor 265 Jahren. Machen wir den Sprung in diese Zeit zurück, so finden wir hier oben zwischen Hohloh und Oberem Eiberg keine dunklen Wälder vor, sondern eine offene, lichte Weidelandschaft – Bilder wie auf einer Schweizer Alm. Kuhglockengeläute ist zu vernehmen, Hirten hüten riesige Viehherden. Drüben am Kaltenbronn hat man im Jahre 1707 sage und schreibe 66 Herden und 1700 Weidetiere gezählt. Der Wald ist auf wenige Inseln zurückgedrängt, in denen das Vieh Schutz vor der Sommerhitze sucht und des nachts lagert. „Die Hirten fahren gewöhnlich im Mai mit jungem Vieh in diese Waldungen, richten sich darin Lagerplätze auf, die sie von Zeit zu Zeit verändern, und verlassen die Waiden erst im Herbst wieder, wenn sie der Schnee vertreibt, was freilich schon manchmal im September geschieht.“, so ein Beobachter im Jahre 1819.

Grünhütter Viehhirtin zu vier Tagen Wasser und Brot verurteilt

Im Jahre 1739 war dort, wo heute die Grünhütte steht, eine Viehhütte oder ein Hirtenhaus errichtet worden. Die Namen der ersten Hirten kennen wir nicht, aber wie die Bewohner um 1760 hießen, ist aktenkundig: Johann Michael Mößner war der Hirte, dem die „Hütung des Wildbader Gustviehs obliegt, welches den ganzen sommer auf der Wayd lauft“ und der mit seiner Frau in der „Stierhütte“ wohnte – so hieß damals die Grünhütte. Tagsüber war Mößner mit der Jungviehherde auf der weiten Hochebene unterwegs, am Abend trieb er die Tiere heim, wo sie im gemeindeeigenen Viehstall sicher die Nacht verbrachten. Neben dem Stall stand das „Häußlen“, das ebenfalls der Stadt Wildbad gehörte. Mößner und seine Frau hatte es um das Jahr 1760 im schon fortgeschrittenen Alter – der Hirte war immerhin 58 Jahre alt – von Stupferich bei Ettlingen hierher auf die einsame Höhe verschlagen samt den beiden Töchtern und dem Sohn. In den Wildbader Kirchenbüchern ist aus Mößner Mössinger geworden, damals nahm man es damit nicht so genau, und es ist festgehalten, dass Mössinger auch als Holzhauer tätig war.

Der Sohn verließ bald die Grünhütte und wurde Soldat. Tochter Maria Franziska heiratete den zugewanderten Tiroler Simon Magenreuther, ihre Schwester Ursula einen gewissen Joseph Mutterer. Fritz Barth aus Calmbach hat recherchiert, dass zumindest Mutterer aus dem Südschwarzwald stammen muß. Das im Wildbader Kirchenbuch als Heimatort genannte Dotmaßin in Oberösterreich entpuppte sich als Todtmoos, damals in Vorderösterreich gelegen. Die beiden Einwanderer errichten zwei schindelgedeckte Holzhäuschen; zusammen mit dem alten Hirtenhaus und dem Stall gab es dort oben nunmehr vier Gebäude. Magenreuther und Mutterer verdingten sich als Holzhauer, und für die gab es damals Arbeit in Hülle und Fülle. 1755 war die Calwer Holländer Holzkompagnie gegründet worden, und der Export starker Tannen in die Niederlande erreichte gerade seinen Höhepunkt. Zudem fanden in jener Zeit gewaltige Brennholzhiebe im Enztal statt.

Jahre zogen ins Land. 1786 starb Simon Magenreuther im Alter von 66 Jahren. Viele Jahre lang hatte er auch die Wildbader Herde gehütet. Nun war die Witwe Maria Franziska gezwungen, das Hirtenamt übernehmen, um mit ihren sechs Kindern weiter auf der Grünhütte bleiben zu dürfen. Doch unten in Wildbad wurden Intrigen gesponnen, ein neuer Hirte sollte die Herde hüten. Der Stadtmagistrat begründete die Entscheidung am 17. März 1788 gegenüber dem Oberforstamt Neuenbürg: Weil es Vorwürfe gegen die Witwe gegeben habe, „so ist Jakob Dorn ein gut praedicirter Burger und Taglöhner von hier zum Hirten für die dortige hiesige Gustvieh Herde erwält u. angenommen worden.“. Maria Franziska Magenreuther, die „Tirolerin“, wie man sie auch nannte, war wie vor den Kopf gestoßen, sie flehte in einem Gesuch an die herzogliche Regierung, „sie mit ihren 6 Kindern im Besitz der Grünhüttin zu laßen“ – man wies sie ab. Jakob Dorn wurde vereidigt. Da fühlte sich der Wildbader Revierförster übergangen, der Partei für die „Tirolerin“ ergriff, ihre Verdienste rühmte und den neuen Hirten diskreditierte: „Wieder diesen Dorn macht nicht nur schier die ganze Bürgerschafft hier Einwendung, sondern auch ich selbsten, indeme er schon Wald Excesse gemacht, und ... ich alsdann es sagen werde, daß er in solchen Waldungen nicht zu dulten ist, und Wilderer und anderen dergleichen Liederlichen leuten aufenthalt gebe, auch ist er zu Träg das er laufft, und das Vieh eben in das Verhänge (gemeint sind die gesperrten Forstkulturen) laufen liese so daß ich einen eigenen Pursch halten Mußte der nur auf ihn achtung geben Thäte.“ Trotz der Befürchtungen des Försters trieb Jakob Dorn, der frisch gebackene Hirte, Anfang Mai die Wildbader Herde hinauf auf die Sommerweide. Die „Tirolerin“ überspannte daraufhin den Bogen, überzog nicht nur den Hirten sondern auch seine Frau mit bösartigen Verleumdungen – was Konsequenzen für sie hatte: Am 14. Juni 1788 erging an das Herzogliche Oberamt ein herzoglicher „gnädigster Befehl, du sollst die Magenreuterin wegen dieser ausgeübten Injurien, vier Tag lang bei Wasser u. Brod einsperren lassen“. Die Gefängnisstrafe indes blieb ihr erspart, weil das Forstamt sie in Schutz nahm.

Inzwischen war auch Joseph Mutterer, der Mann ihrer Schwester Ursula, gestorben. Die armseligen Häuschen der beiden Witwen waren mittlerweile am Zusammenbrechen, und als die „Tirolerin“ 1793 beinahe von einstürzenden Teilen erschlagen worden wäre, war auch das Oberforstamt Neuenbürg mit einer Sanierung einverstanden - nicht jedoch der Wildbader Magistrat, der sogar den Vollzug der fünf Jahre zuvor verhängten Gefängnisstrafe forderte. Doch die beiden resoluten Witwen setzten sich durch und durften auf der Grünhütte bleiben. Und der Wildbader Magistrat mußte seinen Hirten Jakob Dorn durch den Wildbader Flößersohn Samuel Christoph Schmid ersetzen – sicher eine klammheimliche Freude für die Witwen, die mit dem neuen Hirten ein besonders herzliche Verhältnis gepflegt haben sollen.

Einwohner von Grünhütte wildern einen Weihnachtsbraten

Ende der 1790er Jahren war Maria Franziska Magenreuther, die resolute „Tirolerin“, gestorben. Kurz nach 1800 heiratete eine Tochter den Johann Adam Müller aus Langenbrand im Murgtal. Er wurde zum Wildbader Hirten bestellt. Die „Beschreibung des Ober-Amts Neuenbürg“ aus dem Jahre 1819 wirft auch ein kurzes Schlaglicht auf Grünhütte: „Mit den Wildnissen des Schwarzwaldes und der kahlen, beinahe abgestorbenen Natur wird eine kleine Reise über die Grünhütte an den wilden See rüstige Fußgänger bekannt machen. Über der Grünhütte, einem Hirtenhaus, hat man eine weite Aussicht bis an die Gebirge der fernen Alb“. Und jene Oberamtsbeschreibung liefert auch eine „Bevölkerungsliste“ von Grünhütte: „20 Einwohner, die sich auf zwei Familien verteilen. Die eine ist evangelisch, die andere katholisch. Die männlichen Bewohner erwerben ihr Brot als Taglöhner.“ Bühler beschreibt Grünhütte in seinem 1831 erschienen Fachbuch „Die Versumpfung der Wälder“ anschaulich: „Endlich gelangen wir auf ein kleines Feld und zu ein paar ärmlichen Hütten, wo zu Anfang des vergangenen Jahrhunderts sich Holzmacher aus Tyrol angesiedelt haben, deren Nachkommen sie jetzt noch bewohnen. Ihre Aussicht ist nichts als Himmel und Wald, und in weiter Ferne die blauen Berge der Alb.“ Und Bühler verwendet die Ortsbezeichnung „Grinnhütte“. Da Grind ursprünglich Kopf, auch kahler Bergkopf, bedeutet - die ehemaligen Hochweideflächen des Nordschwarzwaldes werden als Grinden bezeichnet -, wäre eine Grinnhütte (Grindhütte) wohl einfach eine Berghütte. Aus Grinnhütte wird dann leicht Grünhütte.

1860 ist in einer anderen Veröffentlichung (Sonnewald) von vier einzeln stehenden Häusern die Rede. Aus der„Beschreibung des Oberamts Neuenbürg“ aus dem Jahre 1860 erfährt man zunächst, dass die Hochflächen immer noch beweidet werden: „Daselbst befindet sich ein der Stadt Wildbad gehöriges Hirtenhaus, in welchem das auf der Sommerweide befindliche Vieh die Nacht über untergebracht ist“. Zum anderen leuchtet hier kurz die gastronomische Zukunft auf, erstmalig kann man 1860 von einer Bewirtung sprechen: „Der Wanderer kann sich hier in dieser einsamen Gegend an einer guten Milch, welche die Bewohner des Orts gerne reichen, erquicken.“

Zwei Jahrzehnte später sollten sich die gastfreundlichen Einwohner als Wilderer entpuppen. Ein Tag vor Heiligabend 1882, stieß der großherzoglich badische Waldhüter Glünkin von Kaltenbronn unweit des zugefrorenen Wildsees gegen 10 Uhr morgens auf drei verdächtige Gestalten, zwei davon mit Gewehren bewaffnet, die sofort die Flucht ergriffen. Der Waldhüter glaubte, einen von den dreien zu kennen: Ernst Müller von Grünhütte, 19 Jahre alt. Waldhüter Glünkin eilte hinunter zum Forsthaus Brotenau, um Verstärkung zu holen - seinen Kollegen Dominik Merkel.

Die Waldhüter vermuteten, daß sich die drei Wilderer nach Grünhütte abgesetzt hätten, aber nur eine einzige Spur im Schnee zog in diese Richtung. Waren doch andere Wilddiebe am Werk gewesen? Da fiel den beiden etwas Merkwürdiges auf: Die Spur des scheinbar einsamen Wanderers stammte von drei Männern, die sich die Mühe gemacht hatten, exakt in die gleichen Fußstapfen zu treten. Jetzt war klar, hier hatte jemand etwas zu verbergen. Sie folgten der seltsamen Spur zurück, und bald teilte sie sich in drei einzelne Fußspuren auf. Dann fanden sich Blutspritzer im Schnee, und unter einer tiefbeasteten Tanne lag die geschossene Hirschkuh.

In Grünhütte suchten die zwei Waldhüter den Hauptverdächtigen auf, den Ernst Müller. Er hockte bei seinem Nachbarn und Zechkumpanen Jakob Claus. Die Frage, ob er heute schon im Badischen gewesen sei, verneinte er auffallend vehement. Und lautstark, mit zorngerötetem Gesicht, bestritt er, eine Flinte zu besitzen. Inzwischen war auch seine Mutter eingetroffen: Ihr Sohn habe den lieben langen Tag vor dem Haus Holz gespalten. Glünkin entgegnete, dessen vollkommen durchnäßten Stiefel könnten etwas anderes vermuten lassen. Da entdeckte Waldhüter Merkel auch die Stiefel von Jakob Claus, und er beobachtete, wie Johannes Müller, ein Cousin, das verdächtigen Schuhwerk unauffällig unter den Ofen schieben wollte. Man ließ sie hervorholen – sie waren durch und durch naß. Jetzt half alles Leugnen nicht mehr. Dass es Weihnachten Anno 1882 in Grünhütte keinen Hirschbraten gab, wäre ja zu verschmerzen gewesen. Aber es gab härtere Konsequenzen: Am 3. April 1883 verurteilte die Strafkammer des Königlichen Landgerichts zu Tübingen den Ernst Müller wegen „gewerbsmäßigen unberechtigten Jagens“ zu drei Monaten, den Jakob Claus zu vier Monaten Gefängnis. Der dritte im Bunde, der 24jährige Johannes Müller, kam mit einer Gefängnisstrafe von drei Wochen davon.

Witwe Mutterer und Töchter führen Grünhütte „musterhaft“

Mitte des 19. Jahrhunderts war Wandern zum gesellschaftlichen Trend geworden. Die Gründung des Badischen Schwarzwaldvereins 1864 und die des Württembergischen 1884 trug dem Rechnung. Seit 1908 schaffte die Bergbahn von Wildbad die Wanderer und Kurgäste bequem auf die Höhe hinauf – und ebenso die Schifahrer, denn auch der Wintersport war inzwischen geboren worden. „Schneeschuhläufern bieten die Bergesrücken in der Richtung nach Kaltenbronn zu ein vorzügliches Gelände zur Ausübung ihres Sports“, pries der 1910 erschienene „Fremden-Führer für Wildbad im württgb. Schwarzwald“.

Von der Bergbahn und der Mode „Schneeschuhlaufen“ profitierte nicht zuletzt die Grünhütte, die sich seit der Jahrhundertwende unter Hermann Mutterer zu einer veritablen Waldwirtschaft entwickelt hatte. Nach dem Tod Mutterers pries die Witwe in einem Inserat im oben erwähnten „Fremden-Führer“ die Grünhütte an: „Erlaube mir den verehrl. Kurgästen und Touristen meine Wirtschaft bestens zu empfehlen. Neuer, in altdeutschem Stil erbauter Saal. Gartenwirtschaft. Reine Weine. Vorzügl. Beck-Pilsner in Flaschen. Kaffee, Tee. Kalte und warme Speisen zu jeder Tageszeit. Gute Bedienung. Mässige Preise. – Frau Hermann Mutterer Wte.“ Mit dem Saal ist das etwa neun Meter lange, rechtwinklig an das alte Wohnfachwerkhaus anschließende Gebäude gemeint. Ende des Ersten Weltkrieges wurde dann das heutige Gasthaus, „unsere“ Grünhütte, als Blockhaus erbaut. An seiner Stelle stand bis dahin eine einfache Gartenhütte. Der bauliche Mittelblock, jener „altdeutsche“ Saal, blieb für noblere Gäste reserviert. Einem Beobachter schien sowohl das neue Wirtshaus als auch die Wirtin samt der Töchter zu gefallen, in der Vereinszeitschrift des Schwarzwaldvereins schwärmte er 1918 von der „wundervoll auf einer Waldblöße in würziger Gebirgsluft immer noch 820 m hoch gelegene, in ihrem Neubau auch der Landschaft trefflich angepaßte Erholungs- und Erfrischungsstätte, die von der fleißigen Wirtin, einer Witwe mit sorgsam waltenden Töchtern, musterhaft geführt wird.“ Und Friedrich Fick übertrifft ihn 1927 noch mit einer von Pathos getragenen Hymne an die Grünhütte: „Kein Wanderer, der zur Sommerzeit hinauf pilgert in die hehre Einsamkeit, die um den Wilden See webt, kein Schiläufer, der die weiten Schneeflächen in den schweigenden Wäldern um den Hohloh durchmißt, wird an ihr vorüberziehen. Sie alle kehren hier ein, um in ihrem Frieden Rast zu halten und Kräfte zu sammeln zu frohgemuter Weiterfahrt.“

Seit den 1930er Jahren betrieb Fritz Mutterer die „Waldwirtschaft und Pension“. An einem Dezembermorgen 1944 entdeckte der Förster von Grünhütte, Hermann Mutterer, der im alten Fachwerkhaus wohnte, verdächtige Fußspuren, die am Rande des Wildseemoors zu einer Hütte führten. Dort fand er einen schwerverletzten australischen Flieger. Er schleppte ihn zur Grünhütte, er wurde versorgt und später der Polizei übergeben.. Nach kurzer Suche fand Mutterer am Wildsee das rauchenden Wrack eines viermotorigen Bombers und sechs tote Besatzungsmitglieder.

1965 kam das Ende für das staatlichen Forsthaus, Förster Fritz Mutterer verließ mit seiner Familie die Grünhütte. Damit war auch zunächst der Gastronomiebetrieb eingestellt. Die staatliche Liegenschaftsverwaltung ließ die Grünhütte zur „Wandergaststätte“ umbauen und verpachtete sie 1966 an die Brüder Fritz und Ewald Schraft aus Nonnenmiß. Allerdings war das Führen der Wirtschaft beschwerlich: Nach der täglichen holprigen Anfahrt über Waldwege mußten die Öfen angefeuert und die Wasserversorgung organisiert werden. Da die Wasserleitung regelmäßig zugefroren war, schafften die Schrafts das Naß in Kanistern auf dem Unimog herbei. Strom gab es nicht, Licht spendeten die Gasfunzeln und auch Kühlschrank und Küchenherd wurden mit Gas betrieben. Bescheidene Verhältnisse – und auch bescheidene Gäste: Viele leisteten sich nur ein Getränk und packten ihr mitgebrachtes Vesper aus. Bis Mitte der 70er Jahre machte die Grünhütte ihren Hauptumsatz im Sommer. Dann setzte der Boom des Skilanglaufs ein, und die Grünhütte bekam nunmehr auch eine ausgesprochene Wintersaison - eine solche hatte es bereits einmal um das Jahr 1910 gegeben. In den achtziger Jahren wurde erheblich modernisiert: Bau einer eigenen Kläranlage, Installation eines Generators, 1993 kam noch eine Solarstromanlage hinzu. Auch die Gäste haben sich gewandelt, tragen bunte Funktionskleidung statt Loden und gleiten auf neongelben Rennschiern statt auf klobigen Eschenbrettern. Und Butterbrote packt schon längst keiner mehr aus – wäre auch schade bei dem Angebot, das die Grünhütte bietet.

Verfasst von Friedbert Zapf

Quellen

  1. Fick, Friedrich: Aus der Geschichte der Grünhütte bei Wildbad, Blätter des Württembergischen Schwarzwaldvereins, Nr. 2/1927
  2. Bühler, E.C.W., Die Versumpfung der Wälder, Tübingen 1831
  3. Barth, Fritz: Eine Zeitreise zwischen Enz und Nagold, Bad Wildbad, 1999
  4. Scheifele, Max: Als die Wälder auf Reisen gingen, Schriftenreihe der Landesforstverwaltung Baden-Württemberg, Band 77, 1995
  5. Massinger, R.: Im Naturschutzgebiet vom Wilden See bei Kaltenbronn, Monatsblätter des Badischen Schwarzwaldvereins, Nr. 7/1926
  6. Zapf, Friedbert: Drama am Wildsee: Flieger zerschellt in dunkler Nacht, Badisches Tagblatt, Der Murgtäler, 9.12.2002